Bruno Kreisky betonte stets, durch das Lesen von Büchern „geformt worden zu sein“. Dieser Inspiration folgend wird seit 1993 der Bruno-Kreisky-Preis für das Politische Buch verliehen. Jährlich wird damit vom Karl-Renner-Institut in Zusammenarbeit mit dem SPÖ-Parlamentsklub und der sozialdemokratischen Bildungsorganisation politische Literatur ausgezeichnet, die für Freiheit, Gleichheit, soziale Gerechtigkeit, Solidarität und Toleranz einsteht. Den Hauptpreis für das Politische Buch des Jahres 2022 erhält Robert Menasse für „Die Erweiterung“ (Suhrkamp, 2022). Der Preis für das publizistische Gesamtwerk wird heuer an Salman Rushdie vergeben. Die Preisverleihungen finden im ersten Halbjahr 2023 in Wien statt.
Zum Hauptpreis: Wenn es einem Chronisten der EU-Geschichte, zu dem Robert Menasse jedenfalls geworden ist, gelingt, einen intellektuell anspruchsvollen Unterhaltungsroman vorzulegen, so ist dies bei dem oft als technokratisch, langweilig und spröde denunzierten Außenbild der Europäischen Union eine großartige erzählerische Leistung. In „Die Erweiterung“ verbinden sich detailreiche Sachkenntnis, eine gehörige Portion Ironie und ein starkes europäisches Herz zu einem Roman, der als historisches Lehrbuch, Tragödie, Satire und Liebesgeschichte gelesen werden kann. Diese Vielfalt der erzählten Geschichte, die sich um den Beitrittswunsch Albaniens entspinnt, führt so ins schillernde Innenleben der EU. Zwei „Blutsbrüder“, verbunden durch einen Schwur im Untergrundkampf gegen das polnische kommunistische Regime, machen nach der Wende politische Karrieren. Der eine wird Regierungschef Polens, der andere ein hoher Beamter der Europäischen Kommission, zuständig für die Erweiterungs-Politik. Unzählige menschliche Schicksale werden episch aufgespannt und verbinden sich dann doch in einem großen Showdown. Trotz vieler Ambivalenzen, Untiefen und Niederungen dieser europäischen Figuren und deren „Politik“ ruft Menasse mit seinem zweiten Europa-Roman dazu auf, dass wir uns angesichts wachsender Nationalismen viel öfter an dem großartigen Projekt vereinigtes Europa erfreuen und intensiver um es kämpfen sollten.
Der Preis für das publizistische Gesamtwerk wird heuer an Salman Rushdie vergeben. Sein Name und sein Werk sind Symbol für die universelle Kraft der Freiheit des Wortes und für den Preis, den man dafür bezahlen kann. Rushdie ist ein Meistererzähler, der mit seiner literarischen Kraft, die Magisches und Reales verbindet, alle Schleier von Lüge, Propaganda und Torheit provokant durchdringt und uns vor Augen führt, wie trügerisch, provisorisch und hinfällig die menschliche reale Welt doch ist. Das hat seit der Veröffentlichung der „Satanischen Verse“ sein Leben geprägt. Im Jahr 1989 belegte ihn eine Fatwa mit dem Todesurteil. 33 Jahre später wurde er „lebensverändernd“ durch ein Attentat eines religiösen Fanatikers schwer verletzt.
Sein Kampf und sein Schicksal im globalen Konflikt um das Recht, schreiben zu dürfen, wonach dem freien Geist der Sinn steht, geht uns alle an. Rushdies Werk hat die Weltliteratur geprägt. Es wurde mit zahlreichen internationalen Preisen bedacht und in über 40 Sprachen übersetzt.
Presseaussendung SPÖ